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exex_2006

alex meszmer. einführung in die ausstellung «eine geografie des unerklärlichen»

wussten sie, dass man sich vor fuchsgeistern in acht nehmen muss?

sie erscheinen einem als unwiderstehliche menschen und ziehen einen in ihren bann. ist man ihnen einmal erlegen, dann können jahrhunderte vergehen, bis man erkennt, dass man von einem dämon beherrscht wird. es ist meist zu spät. erwacht aus einem bösen traum, findet man sich alleine wieder auf der welt – alle bekannten und verwandten sind längst vergangenheit.

in japan erzählt man sich diese geschichten. ich habe sie in einem kleinen sammelband gelesen. seither habe ich mitleid mit füchsen – und ich passe auf, ja keinen zu überfahren. das bringt unglück.

aber – glaube ich wirklich an diese vorstellungen – oder ist es einfach die geschichte, die mir gefällt und in der ich mich verlieren kann?

als reto müller und ich anfingen für diese ausstellung zu recherchieren, fühlten wir uns sehr zuversichtlich. so schwierig kann das ja nicht sein, das unerklärliche zu ergründen. und es muss auch möglich sein herauszufinden, woran es liegt, dass uns solche geschichten so faszinieren. was ist wahres dran an all dem zauber? warum spricht man allerorten von feng shui, aura soma, channelings und astrologie?

lesen sie auch heimlich horoskope? und überprüfen sie auch ab und an, ob nicht doch ein quäntchen wahrheit daran ist? es muss ja einen grund geben, warum sie heute abend hierher gekommen sind – oder sind sie nur unseretwegen gekommen? schmeichelhaft, wenn dem so wäre!

das heikle am unerklärlichen ist nun mal, dass es unerklärlich ist. ob dies nun daher kommt, dass die zusammenhänge sehr selbst gehäkelt und unwahrscheinlich klingen, oder, dass solche erfahrungen in unserem alltag nicht so häufig vorkommen:
in jedem fall gilt: im moment, in dem ich vor einer wahrsagerin sitze und sie mit ihrem ritual beginnt, fühle ich mich unangenehm, stelle mir fragen, bekomme feuchte hände und fange an auf dem stuhl herumzurutschen…

ich kann alles als humbug abtun – aber berühren tut es mich doch. wenn eintritt was mir gesagt wird, kann ich mich fragen, ob das nun eingetreten ist, weil es einfach so ist, oder ob es passiert ist, weil es mir gesagt wurde und ich die self fullfilling prophecy in gang gesetzt habe.

deswegen haben wir uns der geographie bedient als hilfestellung: ein geograph reduziert die dimension einer landschaft. er sagt nichts aus über die schönheit, er wertet nicht (und wenn dann nur heimlich!), er erstellt eine zeichnung einer dreidimensionalen realität.
allerdings stellt sich beim unerklärlichen die frage, welche dimensionen reduziere ich?
eine psychische? die 4., die 5. oder eine noch weiter entfernte? befinde ich mich in einer rein vorgestellten paranoiden wirklichkeit von spinnern? oder in einer heilen welt in der alles gut ist?

esoterik – eines der grossen schlagworte unserer zeit – bedeutet eine nur für eingeweihte zugängliche geheimlehre. das wissen wird nur an auserwählte weitergegeben, denen eingeschärft wird, es weiterhin geheim zuhalten.
auch heute abend befinden wir uns in einer ähnlichen situation: wir halten die ausstellung noch vor ihnen geheim. ein bisschen ist das wie das warten auf das christkind – die spannung ist der eigentliche reiz an der sache. die zeit, in der man sich ausmalen kann, was der gabentisch einem bescheren wird, an die wird man sich gerne zurück erinnern. sind alle geschenke einmal ausgepackt, kann man zum alltag zurückkehren. man kann die dinge brauchen, sich vielleicht ab und an noch daran freuen, doch dann werden sie sich abnutzen.
bevor wir sie aus der spannung entlassen, möchte ich ihnen noch kurz unsere künstler vorstellen, auf deren arbeiten sie sich freuen können:

bernadette abdallah–sutter ist eine heilerin und ein medium. sie macht digitale selbstporträts, die sich verändern, wenn sie als datei geöffnet werden: in vergrösserungen ihrer selbstporträts tauchen figuren und seltsame elemente auf, die als tiere, historische figuren oder symbole gedeutet werden können, licht und farben lassen das bild ihrer person verschwinden. es entstehen arbeiten deren urheber im geheimen bleiben.
am 7. april wird bernadette abdallah – sutter ein öffentliches channeling hier in der ausstellung abhalten. dazu möchte ich sie jetzt schon recht herzlich einladen.

anne blanchet arbeitet mit alltäglichen technischen gegenständen, wie absperrschranken, automatischen türen u.ä., die sie metaphorisch und symbolisch nutzt. ihre türen öffnen sich in die tiefe und lassen einen blick in eine andere dimension, gleich welchen grades zu. sie entwickeln einen rhythmus und sie bewegen sich von selbst, wie von geisterhand und wollen doch nur als das verstanden werden was sie sind. visuelle musik, nennt anne blanchet ihre arbeit.

paul harper und andrea heller kontaktierten mit hilfe eines mediums tote rockstars, mit der bitte eine persönliche top10 playlist zusammenzustellen. von serge gainsbourgh und frank zappa, von kurt cobain und sid vicious wissen wir jetzt, was sie an einer gelungenen party hören wollen oder wollten. interessant ist, wie die musik den charakteren entspricht und wie das medium die stars erlebt. sie können das in einem reader nachlesen, während sie dem soundtrack aus dem tartaros lauschen. später an der bar werden wir die hits der verstorbenen auflegen und am 16.3. wird paul harper, der heute abend leider nicht hier sein kann, diese arbeit hier im exex noch einmal vorstellen.

marcelle schaufelberger lässt sich auf den menschen ein und schafft ein persönliches, heilsames bild. ihre mandalas sind werke die aus der intuition heraus auf eine person oder einen ort bezogen sind. sie sollen ein gutes gefühl vermitteln, die person stärken und ihr mut und kraft geben – für das leben, oder auch für veränderungen. eigentlich sind diese bilder etwas sehr privates. sind die bilder nun kunst und kann man sie ausstellen? ebenfalls am 16.3. wird marcelle schaufelberger in einem workshop in die kunst des mandalamalens einführen.

bleiben noch alexander meszmer und reto müller. wir lassen den betrachter warten, so wie wir sie auch heute abend haben warten lassen. in unserem wartezimmer können erwartungen aufkommen, wir laden zum verweilen ein, zum bleiben oder zur flucht. warten ist eigentlich eine unserer hauptbeschäftigungen im leben: warten auf den bus, den nächsten lohn, den frühling im garten, die grosse liebe… der grund des wartens sei jedem selbst überlassen. und auch die verweildauer in diesem raum.
am 20.4. werden matthias kuhn, reto müller und ich in einem performativen vortrag dem unerklärlichen auf den grund gehen und das unmögliche möglich machen, nämlich das unerklärliche zu klären.

jetzt bleibt mir noch mich bei allen zu bedanken, die zum gelingen dieser ausstellung beigetragen haben.

im besonderen möchte ich timo schläpfer und isabel bösch erwähnen, die sich spontan für den musikalischen beitrag das heutigen abends bereit erklärt haben. sie spielen ein stück von arvo pärt: spiegel im spiegel.

andy guhl gilt mein dank für die unterstützung in technischen fragen. und ein spezielles dankeschön geht an simon gerber für die grossartige mithilfe beim aufbau der ausstellung.

sie haben hiermit die höheren weihen der unerklärlichen geographie erhalten und es wird ihnen einlass gewährt in die heiligen hallen! viel dank für ihr interesse und viel vergnügen in der ausstellung!