HEIMSPIEL.

Brigitte Schmid-Gugler. Das Ausw�rtsspiel der Jury.
Podiumsgespr�ch zum Auswahlverfahren im Rahmen der Ausstellung «Heimspiel»

Transparenz war angek�ndigt. «Die Jury ist anwesend» lautete der Titel der Veranstaltung im Projektraum exex, wo zurzeit s�mtliche eingereichten Werkbeitr�ge zum «Heimspiel» besichtigt werden k�nnen. Doch die Jury gl�nzte durch Abwesenheit.

Ein aussergew�hnlicher Anlass: Die Jury, welche aus rund 400 eingereichten Werkvorschl�gen 54 f�r das «Heimspiel» ausgew�hlt hatte, wollte sich in einer Art Zwischenspiel dem Publikum und m�glicherweise auch den nicht ber�cksichtigten Kunstschaffenden stellen. Doch es kam anders: Bloss ein Jurymitglied, die K�nstlerin Nika Spalinger, sass am Donnerstag unter den Teilnehmenden des Podiumgespr�chs. Keine Erkl�rung, keine Entschuldigung seitens der nicht erschienenen Simon Lamuni�re aus Genf und Sabine Schaschl-Cooper aus Basel. Daf�r standen Alex Hanimann, der diesj�hrige Gewinner des Straubenzeller Kulturpreises, und Christian R�llin von der Kulturf�rderungskommission Rede und Antwort.

Entsprechend entwickelte sich das Frage-und-Antwort-Spiel zwischen der Moderatorin Agatha Nisple und ihren G�sten. Somit mochte der Blickwinkel eines auch in der freien Wirtschaft t�tigen Kunstvermittlers zwar spannend sein, er sprengte jedoch klar die Absicht des Abends und f�hrte dazu, dass die «Offenlegung der Hintergr�nde» zu «Heimspiel» nur ansatzweise diskutiert und beantwortet werden konnte. Die Hauptfrage, welche Kriterien der Werkauswahl zu Grunde lagen, wurde von verschiedener Seite her sehr vage umschifft.

 

Unterschiedliches Vorgehen

Der Auftrag an die Jury hatte gelautet, die eingegangenen Dossiers in einem ersten Durchgang zu besichtigen und zu beurteilen. In einem mehr oder weniger intuitiven Prozess, wie Nika Spalinger schildert, seien die Arbeiten der in der ganzen Schweiz wohnhaften, aber urspr�nglich aus AR, AI, SG, TG, FL und Vorarlberg stammenden K�nstler beurteilt worden. Auswahlkriterien seien keine festgelegt worden. F�r die erste Gesamtbesichtigung hatten die Sachverst�ndigen einen Tag zur Verf�gung. Auf die Frage aus dem Publikum, wie 400 Werkvorschl�ge innerhalb eines Tages einer seri�sen Beurteilung unterzogen werden konnten, antwortete Spalinger, f�r gewisse Dossiers gen�gten zwei Minuten oder weniger. Das als Malerin, Bildhauerin und Dozentin t�tige Jurymitglied sagte, oft scheitere ein Werkvorschlag bereits an seiner schlechten Pr�sentation. Sie selber beurteile in einem ersten Schritt nach ihrem visuellen Eindruck. In anderen Kunstbereichen t�tige Juroren w�rden nach anderen Gesichtspunkten vorgehen, was w�hrend des Auswahlverfahrens zu oftmals hitzigen Diskussionen gef�hrt habe, wollte doch jeder den andern von seinen Favoriten �berzeugen. Zudem musste das Verh�ltnis der beteiligten Kantone zur Anzahl eingegangener Arbeiten ber�cksichtigt werden. Ob die Auswahl der Werke anders ausgefallen w�re, wenn die Kunstschaffenden anonym eingereicht h�tten, verneint Spalinger: Die meisten Namen habe sie vorher sowieso noch nie geh�rt.

 

«Zutiefst provinziell»

Was noch keine Erkl�rung daf�r ist, weshalb einige bereits gut bekannte junge Ostschweizer K�nstler, die sich seit Jahren kontinuierlich weiterentwickeln und schon �fter an Ausstellungen zu sehen waren, nicht unter den Ausgew�hlten sind. Darunter etwa Frank und Patrik Riklin oder der zurzeit gleichzeitig in Bern und Chur ausstellende Andrea Corciulo. Doch solche ebenfalls aus dem Publikum stammenden kritischen Stimmen werden von eben jenen Kunstschaffenden relativiert. Patrik Riklin sagte, es w�re zutiefst provinziell, die Entscheidung der Jury als ungerecht abzutun. «Heimspiel» habe nicht die Auflage eines Überblicks, eines Basars zu erf�llen gehabt - was wiederum den nicht ber�cksichtigten K�nstlerinnen und K�nstlern die Freiheit gebe zu sagen, die Jury kenne sich zwar ein bisschen, aber doch nicht so gut aus. Wer sein eigenes Schaffen als Notwendigkeit sehe, selbstkritisch bleibe, werde fr�her oder sp�ter auch ohne die Teilnahme an solchen Veranstaltungen wahrgenommen.

 

«Sich gegenseitig kitzeln»

Gianni Jetzer, Leiter der Kunsthalle, sch�tzte zwar die Zweigleisigkeit seiner Funktion als Berater und Kurator und �usserte sich wie Alex Hanimann befriedigt �ber die stimmige Zusammenstellung der Endauswahl. Es seien Arbeiten, «die sich gegenseitig kitzeln oder auch zur�ckpfeifen». Er �usserte sich jedoch negativ �ber das Auswahlverfahren. F�r die beteiligten K�nstler und K�nstlerinnen sei der Aufwand zu gross, es grenze an «Unversch�mtheit», was jenen, die f�r eine zweite Runde antreten durften und dann doch wieder ausschieden, zugemutet worden sei. Einig waren sich die Podiumsteilnehmer und anwesenden Veranstalter darin, dass das in der Region verankerte Kunstschaffen im nationalen Vergleich gut dastehe - wenn auch das Ausstellungswesen f�r das notwendige Sichtbarmachen dieses Schaffens, im Vergleich zu anderen Kunstsparten, mit einem bescheidenen Budget auszukommen habe.

 

 

Stichwort
398 Eingaben

«Heimspiel» ist eine umfassende Schau des regionalen Kunstgeschehens und findet alle drei Jahre statt. Im Kunstmuseum und in der Kunsthalle St.�Gallen werden �ber 50 Kunstschaffende mit Einzelwerken oder kleinen Werkgruppen aus allen Sparten pr�sentiert. Im Projektraum exex sind zudem alle 398 eingereichten Werkvorschl�ge in Form eines Archivs zug�nglich.

 

St.Galler Tagblatt vom Montag, 22. Dezember 2003.

 

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