HEIMSPIEL.

Melissa M�ller. Nur wer skrupellos ist, gewinnt.
«Gartenzwerg im Kopf»: Rauminstallation und gesellschaftskritisches Spiel in einem.

Das K�nstlerduo Interpixel l�dt im Projektraum exex zum Spielen ein: Die Installation «Gartenzwerg im Kopf» ist ein packendes Spiel um Macht, Korruption und Globalisierung - das nebenbei eine Menge Spass bereitet.

Komische Genossen sind sie schon, die Gartenzwerge. Einerseits wecken die pausbackigen Kerlchen Sympathie, andererseits sind die kitschigen Garten-Accessoires ein Sinnbild f�r das Spiessertum und kleinkariertes Denken. In der Kunstinstallation «Gartenzwerg im Kopf» - kurz «GIK» - von Eva-Maria W�rth und Philippe Sablonier sind sie die heimlichen (Anti-)Helden. Das K�nstlerpaar alias Interpixel hat das Gesellschaftsspiel in Anlehnung an das Spielprinzip von «Monopoly» entwickelt, jedoch um weitere Inhalte bereichert, darunter politische, �kologische und soziale Aspekte.

 

«Unfaire» Chancen

Seit vier Jahren arbeiten Eva-Maria W�rth und Philippe Sablonier zusammen. Kommunikation ist das zentrale Thema ihrer Installationen. Den Projekten gemein ist, dass das Publikum aktiv am Kunstprozess beteiligt ist. Bei ihrem Beitrag zum «Heimspiel», der Arbeit «Gartenzwerg im Kopf», kommt diese Komponente besonders stark zum Tragen. Am Samstag meldeten sich im Projektraum exex f�nf Leute zum Mitspielen, die sich als Spielfigur einen drolligen Gartenzwerg aussuchen durften. Mit ein paar Schlagworten haben Interpixel auf dem quadratischen Spielfeld eine kleine Welt mit einem politischen System vereinfacht abgebildet. Vierzig Felder, die verschiedene Bereiche wie «Bildung», «Ressourcen», «Justiz» oder «Medien» abdecken, leuchten in grellen Farben. Was da mit dem Spielgeld erstanden werden kann, sind keine Immobilien: «Waffenfabrik» steht da etwa, «Bordell» oder «Greenpeace». Hinzu kommt, dass die Spieler ungleiche Startchancen erhalten. Zuerst wird n�mlich ausgelost, wer als Mann oder Frau antreten darf, und wer als Schweizer oder Ausl�nder. Dass Frauen und Ausl�nder benachteiligt sind, liegt auf der Hand. «Das hat nichts mit einer Schikane zu tun, sondern basiert auf statistisch erwiesenen Tatsachen», stellt Philippe Sablonier, der Philosophie studiert hat, den Bezug zur Realit�t her. Dadurch erfahren die Spieler - f�r die Dauer des Spiels -, wie es sich anf�hlen k�nnte, in der Haut eines Ausl�nders zu stecken. Ein Mann erkennt, womit eine Frau zu k�mpfen hat; umgekehrt kommt eine Frau in den Genuss von M�nner-Privilegien. Dieser fatalen Spielregel k�nnen die Mitspieler nur entgegenwirken, wenn sie auf das «Parlament»-Feld gelangen. Mittels Abstimmung k�nnen sie sich dann mehr Rechte erk�mpfen.

 

Unmoralische Gesch�fte

Dennoch: Die Spiellogik ist darauf angelegt, dass Schw�chere noch schw�cher werden, M�chtigere hingegen an Macht gewinnen. W�hrend dem Spiel bemerkt vorerst fast niemand, dass er unmoralische Gesch�fte t�tigt, etwa Atombomben baut oder in die Kinderprostitution investiert. Soziale Denker haben schlechte Aussichten auf Erfolg. «Die besten Gewinnchancen hat, wer m�nnlich und skrupellos ist», stellt Eva-Maria W�rth klar. «Wer auf diese Weise als gnadenloser Kapitalist gewinnt, hat den Gartenzwerg im Kopf.» Mit anderen Worten: Der Gewinner erweist sich als Egoist, der wie ein Gartenzwerg engstirnig in seinem G�rtchen hockt und kaum �ber den Zaun hinausblickt.

 

Bald auf dem Markt?

W�hrend drei Stunden wird im exex gew�rfelt und Zwerge verschoben. Im Spieleifer merkt niemand, dass es draussen langsam dunkel wird. Zum Schluss diskutieren Eva-Maria W�rth und Philippe Sablonier �ber das komplexe Werk, das von allen Seiten regen Zuspruch findet. «Dieses Spiel regt zum Denken an», lobt einer. «Wir pr�fen die M�glichkeiten, um das �GIK� in einer handlicheren Version auf den Markt zu bringen», verraten die beiden K�nstler. Vielleicht liegt das hintergr�ndige Gesellschaftsspiel ja schon n�chstes Jahr unter manchem Weihnachtsbaum.

 

St.Galler Tagblatt vom Mittwoch, 31. Dezember 2003.

 

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