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exex_2008

urs eberle
show down #10, 5. mai 2008

mit dem gebäude am oberen graben 38 – dem alten und dem zukünftigen – hat auch die intervention von urs eberle zu tun.
jedes gebäude hat eine nulllinie, sozusagen einen äquator oder nullmeridian, von wo aus nach unten in die untergeschosse, resp. nach oben in die überirdischen geschosse gerechnet wird.
urs eberle, künstler und architekt, ging von der nulllinie des zukünftigen gebäudes aus, zählte dazu 38 cm, gemäss der hausnummer und legte auf dieser höhe eine linie auf die lange wand am eingang. so sehen wir uns beim eintreten einer struktur gegenüber, die wir zunächst nicht deuten können, deren bezug zum raum jedoch erahnbar und körperlich erfahrbar ist. die niveaulinie ist weiss ausgespart in einem fluss von spontan gezogenen, rosaroten linien. sie setzen den raum in fliessende bewegung, ziehen den blick des eintretenden nach links oder rechts, zeichnen spuren vergangener bewegungen im raum nach, schaffen perspektivische verzerrungen und fluchtpunkte, fordern zu stetigem wechsel des blickpunktes auf. im strudel des fliessenden und fliehenden stroms legt sich die weisse linie wie ein stiller grat in dessen mitte und gibt stabilität und orientierung, birgt durch ihre leichte wölbung, welche an die erdkrümmung erinnert, tatsächlich ein echo auf den boden ist aber auch irritierendes.

urs eberles schaffen zeigt sich immer wieder als spurensuche einer körperlichen und geistigen orientierung im raum; sei dies der reale raum, wie in seiner arbeit «misurare roma», wo der künstler seine wanderungen in der stadt rom in liniengeflechten aufzeichnete, sei es der raum des denkens und der vorstellung, dem er in den früher entstandenen, dreidimensionalen «channels» oder in computerzeichnungen, wie auch textarbeiten modellhaft form gab. so treffen sich in eberles schaffen konkrete erfahrung und vision, wirklicher und virtueller raum, materialisierung und konzept in einer bildsprache, die oft an abstrakte pläne, kartografien oder modelle erinnert und die in ihrer rätselhaften reduktion hermetisch wirkt und sich zugleich für eine vielfalt eigener assoziationen öffnet.

corinne schatz