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exex_2008

cornelia heusser: die büchsen der pandora
show down #9, 22. mai 2008

cornelia heusser ist installateurin und damit spezialistin für räume. mit ihren installationen geht sie auf die unterschiedlichsten weisen auf die räume ein in denen sie arbeitet. sie recherchiert den kontext des ortes, interessiert sich für themen und für materialien, bringt sie dann mit ihren eigenen themen zusammen und baut sich so (im eigentlichen sinne) ihren kunst-, oder vielleicht besser denk- und empfindungsraum.

dann ist cornelia heusser auch zeichnerin, videastin und performerin. sie zeichnet zur vorbereitung von arbeiten, oder zu deren assoziativer ausweitung. sie zeichnet ab und zeichnet auf, auch mit der kamera, die sie nicht selten jemand anderem überlässt und nur angaben macht, wie sie das video gern hätte. und dann steht sie manchmal auch selber vor der kamera, als akteurin und performerin, oder lässt andere vor ihrer eigenen kamera agieren.

sichtweisen sind wichtig im werk von cornelia heusser, auffassungen, herangehensweisen, die vernetzung der gedanken, die gedankengänge selber, die assoziationen, also die ausweitungen des gedankens und die abschweifungen und gleichzeitig aber auch wieder die konzentration.

die arbeit, die cornelia heusser im projektraum exex zeigt, ist teil eines grösseren, noch nicht abgeschlossenen projektes mit dem titel «die büchsen der pandora» und vereinigt einen bitumen-tornado mit zwei zeichnungen, zwei videos, die einen je individuellen blick auf die entstehung dieses tornados werfen und einer performance, welche die werkgruppe vollendet.

diese vier einzelteile des werkes sind knoten, anhaltspunkte in einem dichter werdenden netz, das sich assoziativ um den alten mythos der pandora und jener büchse, die alles schlechte der welt enthält, zusammenzieht und diesem mit jedem punkt, mit jeder umsetzung, jedem neu dazukommenden werkteil eine weitere deutung beifügt.

die figur der pandora bietet viel stoff für assoziationen und abschweifungen. pandora war – nach der griechischen mythologie – die erste frau auf der erde. hephaistos schuf sie im auftrag von zeus. pandora war, wie ihr name sagt, «allbegabt». zu diesen ausserordentlichen begabungen zählten nicht nur ihre schönheit und musikalität, sondern auch die neugier und der übermut. die büchse, eigentlich ein vorratskrug, den ihr zeus als instrument der rache mitgegeben hatte, enthielt aber nicht nur alles schlechte der welt, sondern auch die hoffnung. diese behielt sie allerdings zuerst zurück, als sie die büchse öffnete und liess sie erst später heraus. in diesem weiten feld bewegen sich die vier gezeigten arbeiten heussers thematisch.

der schwarze bitumen-tornado lässt leicht die assoziation eines wirbels zu, den die geöffnete büchse verursacht haben muss und verbindet sich gedanklich auch schnell mit den strassen, mit der stadt ausserhalb dieser räume. die zeichnungen erweitern das feld. sie zeigen ein kohlebergwerk, vielleicht eine erdölförderstelle, oder pyramiden, die wohl monumentalsten symbole menschlicher kultur … alles themen, die auch schnell den begriff krieg, vielleicht das grösste übel, das pandora freigesetzt hat, ins spiel bringen.

mit den beiden videos kippt die künstlerin das ganze noch einmal. unterlegt mit gesängen von tibetischen mönchen und nonnen wird die entstehung der schwarzen skulptur plötzlich zur meditativen schöpfung, zur dokumentation fremdländisch anmutender ritueller handlungen. vollendet wird die werkgruppe schliesslich mit einer performance, die noch einmal die figur der pandora aufnimmt, ihr eine zeitgemässe facette hinzufügt und dabei mit leichtigkeit auch den bogen zum tornado wieder schliesst, der übrigens fachgerecht einen frauennamen trägt. der tornado heisst «carrie» … und so öffnet sich zum schluss auch durch diesen kleinen hinweis noch einmal ein ganz neues assoziationsfeld, das die betrachtenden hoffentlich auf unverhoffte abwege bringen wird.

matthias kuhn

 

weitere informationen unter www.likeyou.com/corneliaheusser