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exex_2008/presse

es wird geisterhaft
der projektraum am oberen graben 38 geht mit «show down»
in die elfte runde

ein auto hängt im fensterrahmen. wenige passanten und sicherheitskräfte stehen gelassen herum. das bild hängt kleinformatig an der prominenten eingangswand. anna frei und manuel gmür haben die sache mit den kunstinterventionen zur fulminanten ausstellungsreihe «show down» im bald abgebrochenen projektraum exex extrem wörtlich genommen und sind für ihre intervention in den kunstraum eingedrungen.

 

spektakuläre spekulation

was passiert ist, bleibt unklar. im morgengrauen steuerten die beiden den roten ford über die rampe durchs fenster und blieben dort stecken. die kunst ist festgefahren, der show down, das feuerwerk-spektakel rammt sich selbst. «crash the spectacle» könnte aber auch nur fingiert sein, eine fotomontage, eine als installation hergerichtete inszenierung. wer andere arbeiten von anna frei und manuel gmür kennt, vermutet aber zu recht die extremversion hinter der konsequenten untertreibung. das bis in unvorhersehbare details subversiv durchdachte und amtlich bewilligte projekt setzt in kluger zurückhaltung das publikum seinem eigenen verhalten aus. auf der jagd nach (kunst-)ereignissen haben wir das spektakel verpasst. welch wonnevolles spektakuläres spekulieren!

von geisterhand und absurditäten getrieben, nähern sich die beiden videoarbeiten von rachel lumsden dem ende der räumlichkeiten.

 

«it's all over now baby blue»

es sind abschiedswerke, mit denen sie den ort ein letztes mal würdigt und gleichzeitig ein erstes mal sich von der malerei weg in die videokunst wagt. ein «tumbleweed» (steppenläufer) aus dürrem geäst rollt in «ex und hopp» durch das gebäude, verweilt vor dem einen oder anderen kunstwerk, um am ende als seele des hauses, allein begleitet von dylans und faithfulls «it's all over now baby blue» die strasse herunterzukullern. in parodistischer manier lockt zuvor eine dauerlächelnde die wundervoll geschwungene treppe hinauf in das geheimnisumwitterte obergeschoss. falls die sicherheitsanweisungen befolgt werden, lässt es sich bald abheben.

eine doppelprojektion von doris schmid, deren filmisches schaffen aus «deconstructing eden» in bester erinnerung ist, untermalt noch einmal den projektraum als plattform für experimente und neuentdeckungen. innen und aussen überlagern sich in «reshape», ein wind bläst durchs hotelzimmer, bilder verschieben sich, die u-bahn rast, der himmel weitet das sehen.

und plötzlich ist auch isabella stiner wieder da. auch sie zeigt überlagerungen. linienstrukturen, punkteraster und konfettiregen legen sich über fotografien ausgewählter stadtorte. es sind energetisch gefundene übersetzungen der jeweiligen atmosphäre. das haus am oberen graben ist rot herausgehobene lücke.

ursula badrutt schoch

aus dem st.galler tagblatt vom samstag, 14. juni 2008